Mittwoch, 15. Oktober 2014

Mollig warmer Oktoberpullover

Für Herbstspaziergänge habe ich einen weit geschnittenen Pullover, der so mollig warm ist, dass ich dazu keine Jacke brauche. In dieser Jahreszeit ist er mit seiner Farbe und den eingestrickten Blattmotiven schon fast Tarnkleidung. Gestrickt habe ich ihn aus voluminösem Mohairgarn.



Zum Einkaufen trage ich den Pullover auch einmal so, nämlich mit Rock:


Sechs-Bahnen-Rock mit schwingender, doppellagiger Saumweite von Basler.


Hier ein Blick auf das Muster, es ist ein Lochmuster mit Blättern:
















Wie ein Blatt gestrickt wird?
Ganz einfach, hier ist die Beschreibung mit Strickschrift.




Ein Blatt stricken

Anmerkung:
Das Blatt wird ausgehend von einer rechten Masche gestrickt! Das Umfeld, auf dem das Blatt gestrickt wird, sollten linke Maschen sein, also Hinreihe links, Rückreihe rechts.
Als Untergrund kann auch ein Perlmuster verwendet werden, also rechts, links im Wechsel versetzt.
Die Rückreihen werden gestrickt, wie die Maschen erscheinen (hier also links).
Nach dieser Strickschrift kann das Blatt leicht vergrößert oder verkleinert werden.

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Zeichenerklärung:
r: rechte Masche
u: Umschlag
2: 2 Maschen rechts zusammenstricken
2: 2 Maschen rechts überzogen zusammenstricken, d. h. 1. Masche rechts abheben, 2. Masche rechts stricken dann 1. Masche über 2. Masche überziehen
3: 3 Maschen rechts überzogen zusammenstricken, d. h. 1. Masche rechts abheben, 2. und 3. Masche rechts zusammenstricken dann 1. Masche über 2. Masche überziehen

Das Blatt wird, wenn man normale Wolle verwendet, plastisch hervorgehoben. Besser sichtbar wird es an diesem Beispiel:



Der Pullover hat übrigens ein Geheimnis. Kommt jemand drauf?

Was andere Bloggerinnen an Hübschem zu  zeigen haben, gibt es bei MMM Me Made Mittwoch und bei RUMS zu sehen.

Nachtrag vom 16.10.2014

Das Rätsel ist gelöst!!!!

Hilte hat den Volltreffer gelandet!
Der Pullover
ist älter als meine Kinder. Es stammt aus der Strickwelle der ersten Hälfte der 80er. 
Ich habe Ihn nach einer Vorlage der Verena gestrickt, die damals übrigens noch zum Burda-Verlag gehörte.
Ich wollte mich über die Jahrzehnte nicht von ihm trennen, weil ich das Muster so schön fand. Und ich fand, dass wir beide, der Pullover und ich, einen schönen Abschluss verdient haben, deshalb schrieb ich diesen Beitrag. Wenn auch sein Platz im Oberschrank jetzt geräumt wird, so bleiben noch die Fotos.

Gleichzeitig verabschiede ich mich auch von diesem Prachtstück mit diagonalem Muster in tollem petrol, das seinen 30. Geburtstag ebenfalls schon hinter sich hat. Die Strickvorlage stammte aus Canstanze Strickmode Herbst/Winter 1982/83.
Wenn ich mir die Fotos so betrachte, dann finde ich die Farbe und das Muster immer noch toll. Die Trennung fällt mir wirklisch schwer, schließlich hängt an jedem selbst erstellten Teil immer auch ein bisschen Herzblut.




Tschüss, ihr Hübschen!



Samstag, 11. Oktober 2014

Plaudereien über die Sixties

Zwei Dinge haben mich zu meinen Plaudereien über die Sixties bewogen:
Kommen wir zunächst zu meinem déjà vu.

Was gut ist, kommt wieder - eine Hommage an YSL


Manchmal entdecke ich an unvermuteter Stelle Kleider aus aktuellen Kollektionen, die an berühmte, d. h. oft gezeigte und viel diskutierte Kleider einer bestimmten Epoche erinnern, Kleider, die dem Trend vergangener Jahrzehnte huldigen.
In meinem Beitrag Comeback der Kleider in Op-Art im März dieses Jahres schrieb ich über Op-Art-Kleider, die zu dieser Zeit bei verschiedenen Anbietern zu haben waren. Jetzt, in diesem Herbst, ist es die Pop-Art, die ich wiederentdeckt habe.

Was ist Original und was ist Fälschung?





Das Original oben stammt von Yves Saint Laurent aus dem Jahr 1966, das Kleid darunter stammt aus der Herbst-Kollektion 2014 von bonprix.
Überrascht? Immerhin gab es in der Herbst-/Winterkollektion 2013 bereits ein von YSL inspiriertes Strickkleid, dessen Vorlage den Bildern Piet Mondrians nachempfunden war.
Betrachten wir es als Hommage an YSL. Ob er geschmeichelt wäre oder eher verärgert?

Wenig schmeichelhaft finde ich jedenfalls das Styling, mit dem für das Kleid bei bonprix geworben wird:



High heels mit Wadenwärmern / Fußballerstutzen sind für mich, die die 60er live miterlebt und den Look tagtäglich getragen hat, einfach unmöööglich! (Neusprech: Das geht ja gaanich!)
Das Umhängetäschchen passt wiederum zum Look der Sixties.
Das Styling des Originals gefällt mir wesentlich besser. Ich bin da geprägt, vorbelastet, voreingenommen, vorurteilsbehaftet.

Werfen wir einen Blick auf die Mode der Sixties allgemein.

Die "typische" Mode der Sixties ist in der 2. Hälfte der 1960er angesiedelt. Wir verbinden mit diesem Begriff die typischen kurzen Kleider in A-Linie oder Shift-Form. Figurumspielend, einfach geschnitten und sehr bequem.  Die Figur wurde lediglich durch Brustabnäher und durch leicht konturnachzeichnenden Seitennahtverlauf modelliert. Längsnähte, die den Sitz der Taille andeuteten, gab es auf der Rückseite, dadurch wurde eine zeltförmige Seitenansicht vermieden.



Daneben gab es durchaus auch leicht figurbetonte Schnitte mit in der Taille angesetztem 4-Bahnen-Rock. Im Kontrast dazu standen Swingerkleider, die mit weit ausladenden Trompetenärmeln getragen wurden.

Nun stelle ich mich auch noch dazu, im Shiftkleid mit Kettengürtel und Slingpumps (ca. 1967). Ich erinnere mich noch gut an die Farbkombination: Pinseltupfer in rosa, pink, cyclam, hellgelb, orange. Die Schuhe waren orange mit beiger Schleife. Leuchtende Farben waren typisch für diese Zeit.
So etwas wie Neonfarben gab es übrigens auch schon, sie wurden damals "Schockfarben" genannt.


Was sich unterhalb des Rocksaums zeigte

Bahnbrechend am Look der Sixties war aber nicht nur die Rocklänge, sondern auch das Darunter.
Noch bis über die Mitte der 60er trug man "drunter" Strapse und Strümpfe. Erst kurz nach dem Siegeszug des Minirocks wurden Strumpfhosen zur allgemein verfügbaren und preisgünstigen Massenware.
Farbige Strumpfhosen wurden in den späten 60ern durchaus auch getragen, jedoch wurde dabei meist ein Farbton aus dem Kleid aufgegriffen. Oder man trug "Schockfarben". z.B. Rock in magenta, Pulli in Orange und Strümpfe in grün. Toll waren auch transparent hellgrundige Strumpfhosen mit großzügigen farbigen Drucken, z. B. mit großflächigen Blumenranken, "psychedelischen" Mustern oder Schottenkaro. Ganz typisch aber waren sehr helle, transparente oder halbtransparente Strumpfhosen, die neutral, also unabhängig von der Farbe des Kleids gewählt wurden. Typische Farben waren damals, "puder" (sehr heller Farbton), "wollweiß" oder weiß. Durch die Transparenz schimmerte immer die Hautfarbe durch, sodass kein "kalkiger" Eindruck entstand. Die Beine wirkten auch weiß bestrumpft immer zartfarben, nie "angestrichen" oder "orthopädisch gewickelt". Wenn blickdichtes Strumpfmaterial verwendet wurde, dann in Verbindung mit Lochmustern. Die Farbfotos oben sind beispielhaft für die Strumpf- und Schuhmode.

Die Schuhmode in der 2. Hälfte der 60er war revolutionär, wenn man bedenkt, dass Anfang der 60er noch schmal, spitz und mit "Pfennigabsätzen" angesagt war. Der typische Schuh der Minimode war farbenfroh und lag von der Form her zwischen Ballerina und Pumps, Absatzhöhe zwischen 2,5 und 4 cm, wobei der Absatz stets in der Farbe des Oberleders bezogen war. Die Spitze war gerundet oder carreeförmig. Er erinnerte an Kinderschuhe. Damals gab es Schuhe in den herrlichsten bunten Farben. Slingpumps waren ebenfalls weit verbreitet.
Daneben gab es auch extravagante Stiefel, Overknees in Lack z. B. oder die (meist weißen, gelegentlich auch schwarzen) mittelhohen Stiefelchen mit Ausschnitten im Schaft, manchmal auch an der Spitze oder an der Ferse, die von André Courrèges inspiriert waren.

Auf dem oberen Foto des Original-YSL-Kleids trägt das Model glitzernde Strümpfe/Strumpfhosen aus Lurexfäden.  Diese Strumpfhosen wurden goldfarben, kupfer- und silberfarben angeboten. Obwohl ich mir meine silberfarbenen Lurex-Strumpfhosen wirklich von Herzen gewünscht hatte, hatte ich beim Tragen dann doch keine große Freude damit. Es fühlte sich an, als ob man Topfkratzer an den Beinen hätte. Unkontrollierte nervöse Zuckungen der Beine waren unvermeidlich. Hätte ich Härchen an den Beinen gehabt, (ich hatte keine!) dann wären sie beim Tragen der Strümpfe sicher gründlich weggeschmirgelt worden.

Zu guter Letzt

Überzeugend gelebte Interpretationen des Sixties-Style findet man z. B. bei mad for mod
Frau madformod zeigt von Kopf bis Fuß das typische Styling der 60er, oft sogar Originale aus dieser Zeit wie z. B. Courrèges-Stiefelchen, und sie posiert oft wie in den 60ern. Toll! Sogar Op-Art-Kleider sind bei ihr zu entdecken - nochmal toll!
z. B. hier als Winterkleid - toll präsentiert oder hier als Frühjahrs-/Sommerkleid.

Empfehlungen für die Motto-Party

Wer sich mit heute verfügbaren Teilen für eine Sixties-Party stylen möchte, dem empfehle ich helle Strumpfhosen, falls möglich mit Wirkmuster, in den Farben weiß oder wollweiß. Bei Schuhen rate ich von High Heels ab, näher an der Vorlage sind farbige Ballerinas oder schlichte helle Pumps mit kleinem Blockabsatz. Auch Hochschaftstiefel sind ok, wenn sie nicht zu wuchtig wirken.


DIY: Helle Strumpfhosen für den Sixties-Look

Helle, transparente Strumpfhosen sind in den Läden oft nur mit Glück zu finden. Man kann sie aus normalen Strumpfhosen jedoch leicht selbst machen. Dazu nimmt man ein altes helles Baumwoll-T-Shirt oder ein ausgedientes Herrenunterhemd vom Typ Feinripp aus Baumwolle und verwendet dieses als Säckchen für die Strumpfhose. Sie muss vom Baumwollhemd unschlossen sein, Hemd also zubinden oder zuknoten. Dann wird dieses Säckchen mit der Kochwäsche mitgewaschen. Die ursprüngliche Strumpffarbe ist danach ausgewaschen. Damals habe ich es ausprobiert - es funktionierte! Die Strumpfhosen waren entfärbt.
In den Empfehlungen von damals hieß es dann noch, man solle nach dem Trocknen einen Tropfen Speiseöl in die Strumpfhose einkneten, damit die Elastizität erhalten bleibt. Das habe ich nicht gemacht, es funktionierte trotzdem.

Eine kleine Anekdote zum Schluss (und zum Schmunzeln)

Die Lockenfrisuren, die zu den Flower-Power-Kleidern getragen wurden (Fotos oben), haben mich seinerzeit begeistert. Mit dem in den Ferien verdienten Geld zog ich als 15-Jährige los, um mir beim Friseur diese Lockenpracht zaubern zu lassen. Die Friseurin meinte, dies ginge nur mit Dauerwelle. Ich willigte ein, unbedarft wie Jugend eben ist. Dann ging's los. In jede Haarsträhne meiner langen Haarpracht wurde mit dem Messer hinein gehackt, so entstand der Stufenschnitt. Dann kam die Dauerwelle dran, die Strähnchen wurden auf kleine Wickler gedreht, die wie Hühnerknöchelchen aussahen. Und dann kamen die Chemikalien auf die Wickler ...
Die Frisur sah danach einigermaßen aus, natürlich viel zu kurz, aber das war damals bei einem Friseurbesuch nicht anders zu erwarten, die Haare waren danach immer zu kurz.
Die Freude(?) über die Frisur hielt nur kurz an. Bei auch nur leicht erhöhter Luftfeuchtigkeit bekam ich die typische Krause alter Damen. Meine Frisur erinnerte eher an Marsha Hunt (Stichwort "Afro-Look") als an einen wuscheligen Lockenkopf.
Ich fand's entsetzlich. Etwa 6 Wochen später trug ich wieder einen größeren Geldbetrag zum Friseur und ließ die Haare glätten. Dauerwelle rückwärts, also wieder Chemikalien aufs Haar, diesmal ohne die Hühnerknöchelchen. Die schlimme Krause war danach weg, aber das Haar war auch vom Ansatz bis zu den Spitzen strukturgeschädigt, mein Naturblond war ausgebleicht und scheckig.
Es dauerte viele Monate, bis der Stufenschnitt so weit herausgewachsen war, dass ich mir eine Kurzhaarfrisur im Stil der 30er-Jahre machen konnte. Und es dauerte mindestens 2 Jahre, bis das strukturgeschädigte Haar komplett herausgewachsen war und ich eine annehmbare kinnlange Frisur hatte.
Außer Spesen nichts gewesen. Das war mein erster und einziger Versuch mit Dauerwellen.
Für so manche Lebenserfahrung braucht es nur einen Versuch.